Nach drei herrlichen Tagen in der Nääs Fabriker zieht es uns Richtung Norden. Nach ungefähr 2.5 Stunden erreichen wir unser nächstes Domizil, Tanums Gestgifveri in Tanumshede. Das Hotel hat 27 Zimmer und liegt mitten im Ort. Tanumshede ist klein. Sehr klein. Aber wir wollen nicht direkt an der recht touristischen Küste um Fjällbacka wohnen, sondern etwas ruhiger im angrenzenden Hinterland.
Die offizielle Check-in Zeit ist 15 Uhr, wir sind aber bereits um 12h00 dort. Wir fragen, ob unser Zimmer vielleicht doch schon frei ist. Ist es nicht. Wir werden gebeten, um 15h00 wieder zu kommen. Der Mann an der Rezeption ist freundlich, aber auch nicht mehr. Kein Angebot, das Gepäck zu deponieren. Nun denn. Es gibt einiges zu sehen in der Region und wir fahren voll beladen der Küste entlang bis nach Fjällbacka. Wir stoppen kurz beim Golfclub und schauen uns um. Es windet stark, am Himmel jagen Wolken vorbei. Ein spontaner 2-Minuten-Regen setzt ein. Vom Clubrestaurant aus sieht man direkt auf Loch 1 und 18, die beide über Wasser führen. Das ganze Setting sieht total schön und spannend aus und wir buchen eine T-Time für den nächsten Tag.
Nach drei Tagen extremer Ruhe und friedlicher Atmosphäre am See erwischt uns das touristische Fjällbacka zunächst auf dem falschen Fuss. Zu viele Leute. Zu touristisch. Der Ort ist unter anderem so bekannt, weil Ingrid Bergmann hier jeweils ihre Sommerferien verbrachte. Nach ihrem Tod wurde hier ihre Asche ins Meer gestreut. Zudem wurde in den steilen Felswänden ein Teil des Films „Ronja Räubertochter“ gedreht. Aber dann lassen wir uns einfach treiben, passen uns der Stimmung an und starten ein Boutiquen-Hopping. Fjällbacka ist klein, aber wir bringen es auf drei Shops und zwei Hemden für Marc vom schwedischen Label Morris (keine bezahlte Werbung, wie immer bei uns).
Gegen Abend fahren wir zurück ins Hotel und checken ein. Unser Zimmer befindet sich im Erdgeschoss eines zweistöckigen Nebengebäudes. Es ist klein und unsere aufgeklappten Koffer haben knapp Platz. Das Doppelbett besteht aus zwei Einzelbetten. Einen Kleiderschrank gibt es nicht, nur eine Aufhängvorrichtung mit ein paar Kleiderbügeln. Auch das Badezimmer ist sehr klein, jedoch ist alles super optimiert und es fehlt an nichts. Nach der grosszügigen Loge in der Nääs Fabriker müssen wir uns zuerst an das neue Zimmer gewöhnen. Aber bald gefällt es uns auch hier. Es ist alles sehr gepflegt und es wird Sorge getragen, das merkt man.
Bei unserer Ankunft ist es ziemlich warm im Zimmer. Wir wollen das Fenster aufmachen und merken, dass sich direkt davor eine grosse Menge an kleinen schwarzen Fluggetieren tummelt. Das Fenster bleibt also vorerst zu.
Wir essen im Hotel-Restaurant, das in einem weiteren separaten Gebäude zwei Minuten vom Hotel entfernt liegt. Es soll zu den ältesten Restaurants Schwedens gehören und ist sehr hübsch eingerichtet, mit viel Liebe für Details. Die Karte ist klein, aber wir finden beide etwas, das uns anspricht. Essen und Wein munden und wir geniessen einen entspannten Abend. Es ist ziemlich warm in der Gaststube. Während ich an meinem Platz von einem leichten Luftzug profitiere, der von einem Ventilator im Eingangsbereich kommt, schwitzen die Gäste am Tisch hinter uns heftig vor sich hin. Aber draussen essen wäre einfach schade gewesen wegen der schönen Einrichtung und Stimmung im Innern des Restaurants. Nach dem Essen holen wir uns an der Hotel-Reception-Bar einen Gin Tonic und lassen den Abend draussen in der Lounge ausklingen.
Das Frühstück in unserem Hotel ist gut, aber längst nicht so grosszügig und entspannt wie in der Nääs Fabriker. Beim Buffet ist es etwas eng mit den vielen Leuten (das Hotel scheint ausgebucht). Immerhin – auch hier gibt es ein Waffeleisen und man kann sich ganz frisch seine eigene Frühstückswaffel backen. Lecker! Für uns eher ungewohnt: Nach dem Frühstück räumt man sein Geschirr selber ab und stellt alles brav säuberlich auf einen Tablett-Trolley.
Für den Abend buchen wir einen Tisch in Fjällbacka im Restaurant Bryggan. Es gibt zwei Bereiche, den „einfachen“ und den „gehobenen“. Wir wählen die etwas noblere Variante und freuen uns auf ein romantisches Tête-à-Tête. Wir werden nicht enttäuscht. Wir sitzen direkt am Wasser und geniessen ein sehr gutes Znacht mit frischem Fisch. Ein ganz klein wenig bedauern wir, dass wir die Pizza, die nebenan serviert wird, nicht zur Auswahl haben. Sie sieht wirklich exzellent aus, dekoriert mit frischen Meeresfrüchten und anderen leckeren Zutaten. Wir kommen spontan ins Gespräch mit unseren Sitznachbarn, zwei Schweden aus der Region Stockholm. Viele unserer Begegnungen hier in Schweden verlaufen so: Die Leute wirken erst zurückhaltend und wenig interessiert. Kaum kommt man ins Gespräch, ändert sich das schlagartig und spannende Gespräche entstehen.
Die Fahrt zurück in unser Hotel dauert etwa 20 Minuten und wir möchten die schöne Abendatmosphäre erneut bei einem Gin Tonic oder einem Glas Wein ausklingen lassen. Leider ist die Hotel Bar bereits vor 22h00 geschlossen. Wir versuchen es beim Restaurant, aber das schliesst gerade und die Bedienung lässte sich nicht erweichen, uns zwei Gläser Wein über die Gasse auszuschenken. Wir werden an Kapten Viking verwiesen, der angeblich bis 23h00 offen hat. Hat er nicht. So zapfen wir uns im Hotelzimmer ein Glas Hahnenwasser und setzen uns für ein Scrabble auf die Terrasse.
Am dritten Abend haben wir keine Lust, lange Auto zu fahren. So gehen wir ins das einzige Restaurant, das wir sonst noch ausfindig machen können in Tanumshede. Genau, Kapten Viking. Es ist dort, wie es klingt: barbarisch. Marc ordert (ich liebe dich trotzdem, aber das war schon hardcore) eine Kebab Pizza mit Pommes. Ich esse eine Margaritha mit Rucola. Die Wassergläser auf dem Tisch sind klebrig. Der Rotwein ist viel zu warm. Ich steige umgehend auf gekühlten Rosé um. Die Belegschaft sieht eher nicht nach Wikingern aus. Die Döner lastige Küche lässt vermuten, dass auch die Gastgeber aus der Türkei kommen. Unser Kellner ist nett und überrascht uns mit ein paar Brocken Deutsch. Auch wenn wir den Essensgeruch nach zwei Tagen noch an den Jacken hängen haben – es war ein lustiger Abend bei Kapten Viking.
Der Fjällbacka Golf Course
Der erste Eindruck vom Fjällbacka Golfclub ist wirklich gut. Sympathisch. Unkompliziert. Freundlich. Die Driving Range kommt etwas bescheiden daher. Die Pitching-Area ist direkt neben dem 18. Loch gelegen, was eher suboptimal ist. Zudem liegt direkt hinter dem Pitching-Green Wasser. Bälle toppen empfiehlt sich also eher nicht. Rasenabschläge gibt es keine, abgeschlagen wird ab Matten von einer Erhöhung aus. Die Driving Range ist nur 200 m lang, was für Marc the Longhitter etwas herausfordernd ist. Aber die Atmosphäre hier ist toll. Und das Wetter perfekt. Kein Wind. Kein Regen. Mit um die 30 Grad sehr warm.
Wir spielen zusammen mit Karin und Mats, zwei Schweden aus Göteborg. Sie verbringen die Sommerzeit in ihrem Ferienhaus in der Nähe der Küste und kennen den Platz in und auswendig. Wir freuen uns über die kundige Begleitung. Der Platz macht wirklich Spass. Schon der erste Abschlag führt über ein Wasserhindernis. Ohne Wind zeigt sich der Platz von der eher freundlichen Seite. Anspruchsvoll, aber fair. Die Löcher sind eher kurz, aber abwechslungsreich. Dog-Leg, Wasser, Abschlag von Plateau – da ist von allem etwas dabei. Wir haben Spass. Ich heute etwas mehr als Marc. Aber das ist halt manchmal das Schicksal der Long-Hitter. Das letzte Loch ist ziemlich fies. Ein Par 4, das über das gleiche Wasser wie beim Loch 1 führt. Nur fühlt es sich hier doppelt so lange an, weil vom Clubhaus her alle zuschauen können. Man muss strategisch vorgehen, was nicht ganz einfach ist, wenn man das Loch zum ersten Mal spielt. Ich lege vor. Leider etwas zu konservativ. Eigentlich müsste ich den zweiten Ball jetzt über das Wasser bringen. Aber es reicht nicht und kurz vor der Kante ploppt er ins Wasser. Bei Marc passt alles. Er legt sauber vor. Spielt einen schönen zweiten Ball und ist mit zwei Puts drin. Die Runde hat super viel Spass gemacht. Wir trinken noch etwas mit Karin und Mats und bedanken uns für die nette Begleitung.
Mjölkeröds Golfclub
Auf dem Rückweg in unser Hotel kommen wir am Wegweiser zum Golfclub Mjölkeröds vorbei und entscheiden uns für einen Kurzbesuch. Wegen nahendem Unwetter ist die Frau am der Reception grad dabei zu schliessen. Wir sprechen sie an und werden sofort sehr nett ins Büro gebeten, wo sie die T-Times für den nächsten Tag checkt. „No problem – just come over tomorrow, we will find a flight for you!“ Wir bedanken uns, schauen uns den Abschlag vom Tee 1 an und freuen uns schon sehr auf die Runde.
Als wir am nächsten Tag die Auffahrt zum Club hochkommen, fängt es kräftig an zu regnen. So kräftig, dass wir erst einmal im Auto sitzen bleiben und warten.

Als der Regen fast aufhört, steigen wir aus und melden uns an der Reception. Aufgrund des starken Regens ist die Driving Range geschlossen. Uns wird eine T-Time in knapp 15 Minuten angeboten oder dann 1.5 Stunden später. Die Aussicht, noch so lange ohne Übungsmöglichkeit rumzuhängen, gefällt mir nicht. Der Wetterradar zeigt an, dass es bald besser werden sollte. Wir entscheiden uns für den Schnellstart. Marc zugegebenermassen etwas widerwillig und nur auf mein Drängen hin. Hektik bricht aus. Getränke besorgen. WC. Regenhosen anziehen. Trolleys holen. Wir stehen schon am Abschlag, als Marc bemerkt, dass sein Schirm noch im Auto ist. Er rennt los. Unsere Flightpartner kommen auch sehr knapp. Ein älterer Mann und sein Neffe. Das erste Loch ist schwierig. Wir spielen schlecht. Ohne Einschwingen und mit Regen, zudem der Zeitdruck – wir sind diesbezüglich offensichtlich sensible Pflänzchen. Aber es wird bald besser. Und auch der Regen hört bald auf. Je besser das Wetter, je schöner wird der Platz. Wir haben nicht viel erwartet und werden überrascht von den spannenden Löchern. Es hat auch ein paar sogenannte blinde Löcher dabei. Man sieht nichts und hat keine Ahnung, wohin man eigentlich spielt. Das Gelände ist leicht hügelig und mal spielt man hoch, dann wieder runter. Wir haben Spass. Beim 9. Loch gibt es – wie hier üblich – ein Rasthäuschen mit Essen und Getränken, die man allesamt mit der Karte bezahlen kann. Wir trinken Kaffee und essen einen "Keks" Riegel. Und weiter geht es!
Zuerst mit einem eher einfachen Par 3, wohl eine kleine Vorbereitung auf das nächste Loch. Es erwartet uns ein Par 4 mit Dog Leg und einem Fairway, das kräftig abfällt Richtung Wasser. Die Übersicht über das Loch und das Flight vor uns erhalten wir über einen Hochstand. Beim nächsten Abschlag schäle ich mich aus meinen Regenhosen. Es ist zwischenzeitlich richtig schön und warm geworden. Spielerisch brillieren wir heute beide nicht. Vor allem das letzte Loch vermassle ich komplett. Aber nun, das ist Golf.

Nach der Runde gehen wir für eine Erfrischung ins Restaurant. Marc bestellt eine Zimtschnecke und darf sich eine von der Kuchenplatte aussuchen, Als er sie in den Händen hält, erwähnt die Bedienung, dass er sie für die Hälfte kriegt, da nicht mehr so frisch. Na, danke schön. Wir buchen die Sache unter schwedischem Humor ab und Marc spült die trockene Schnecke mit seinem Shandy runter.
Fazit:
Auch unsere zweite Etappe hat uns gut gefallen. Wer in die Gegend kommt, sollte vor allem Fjällbacka spielen. Ein Platz, an den man sich auf jeden Fall gerne zurück erinnert. Was uns ganz grundsätzlich auffällt: die Plätze sind sehr unterschiedlich und abwechslungsreich. Ganz anders als in der Schweiz, wo sich viele doch recht ähnlich sind. Zumindest im Mittelland.